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Amputieren ist auch keine Lösung

Eigentlich ist es ja schön, wenn man beliebt ist. Blöd nur, dass meinem hiesigen Fanclub zahlenmäßig überwiegend Stechmücken angehören – in der vorletzten Nacht haben mich meine mit Quaddeln übersäten Unterschenkel derart gejuckt, dass mir akut eine beidseitige Amputation nicht völlig übertrieben vorkam.

Zum Glück gibt’s auch weniger drastische Behandlungsmethoden: dank Antihistaminika in Salben- und Tablettenform fühle ich mich auch ohne Methoden à la Doktor Eisenbart wieder wie ein Mensch und Siggi muss mich nicht durch die Gegend tragen.

Anstatt hässlich verquaddelter Beine: Katzencontent. Typen wie er fressen Garfield zum Frühstück (zwei mal die Woche), oder: warum sich von den anderen keiner auf den Boden traut:

Inzwischen sind wir ein Stück die Küste zurück nach Nordwesten und auf dem Weg gab es einige prima Gelegenheiten, meine Vorurteile über Italien und Verkehr noch ein bisschen zu festigen. Die, die den Verkehr hier planen und die, die daran teilnehmen, müssen von unterschiedlichen Planeten stammen, anders kann ich mir die Diskrepanz zwischen Vorschriften und gelebter Wirklichkeit nicht erklären.

An Baustellen wirst Du an der Hand genommen, als wärst Du ein Kleinkind oder jedenfalls nicht zur Führung von Kraftfahrzeugen geeignet: auf wenigen Metern wird das Tempolimit in Schritten von 20 Stundenkilometern auf Endgeschwindigkeiten reduziert, die übelst an der Geduld zehren. Würden – wenn man sie denn einhielte: außer den Touris lässt sich hier ja niemand von so ein paar komischen Zahlen in roten Kreisen beeindrucken. Wenn Du dann bei knapp 20 über Limit (bitte im Reisebudget einplanen) von einem Leichenwagen überholt wirst, wirst Du einen ganz neuen Sinn für Ironie entwickeln.

Überhaupt werden Tempolimits hier wohl eher ausgewürfelt – wie sonst soll man sich erklären, dass auf einer mehrere Kilometer langen zweispurigen Umgehungsbrücke ohne sonstige Hindernisse eine Dauergeschwindigkeit von 40 Stundenkilometer gelten soll? Damit man nicht mit dem Tempomat cheatet, wird dieser offiziell ruhige Fluss immer mal wieder von einigen hundert Metern mit einem Limit von 30 unterbrochen, durch zwischen Randstreifen und Betonmauer eingezwängte Schilder, die wohl hauptsächlich vor sich selbst warnen: „Fahr langsam, hier sind Gegenstände am Fahrbahnrand!“

Zu guter Letzt noch ein Schmankerl für uns Touristen und andere „Ortsunkundige“: Weil man Überlandstraßen schlecht ohne Ankündigung als Sackgassen ausführen kann, sperren sie einige Orte halt ganz für die Durchfahrt, aber natürlich ohne neumodischen Schnickschnack wie Wegweiser, die dich aus so einem Labyrinth wieder rausführen könnten. Klar, dass das Navi von derlei Schikanen nichts weiß. Nach dem dritten Mal kommt einem dann langsam der Verdacht, dass in den Planungsbüros der Nachschub von Spumante ausblieb und man dort deswegen auf den Konsum von Lack umgestiegen ist, und der eigene Umgang mit Verkehrsvorschriften verschiebt sich langsam aber sicher von „wenn’s da steht, hält man sich dran, wenigstens etwa“ zu „wird das teuer, und erwischen sie mich?“

Die Locals sind längst einen Schritt weiter: „Ist mir doch egal, ich hab ’ne Hupe!“ Wohl, weil man so dreiste Missachtung von Vorschriften nicht auf sich sitzen lassen kann, nutzt die andere Seite die Physik zu ihrem Vorteil: wo irgendwelcher Mist im Weg ist, müssen selbst verhinderte Rallyefahrer außenrum und zumindest kurz vom Gas (wenigstens bei Gegenverkehr). Statt also einen Steinschlag oder Erdrutsch wegzuräumen (was in vielen Fällen nur einen LKW, einen Radlader, vier Leute und zwei, drei Stunden bräuchte), kann man ihn auch liegen lassen, ein paar Schilder aufstellen und den Seitenstreifen neu malen. Das letzte nur als Hinweis, damit keiner auf den Gedanken kommt, am Status Quo könnte sich dieses Jahrzehnt noch was ändern.

Bevor es auf diese Odyssee ging, haben wir die von Siggi erwähnten Traumstrände mit kristallklarem Wasser ausprobiert, also: einen davon und ein bisschen trübe war’s auch. Dafür war die See ruhig und das Wasser warum genug, dass uns auch nach über einer Stunde noch nicht wirklich kalt war, und wir haben einige für uns neue Fische zu Gesicht bekommen.

3 comments

Die Traumstrände hat der liebe Gott den Italienern geschenkt, und er wird schon gewusst haben weshalb sie die Mal brauchen werden 🤔😉😀... damit sie sich - und natürlich auch die Touristen - nach den nervenaufreibenden Autofahrten psychisch und physisch erholen können😄🤣

Hallo Nils,... hilft /half der Bite away Stift nicht?

Die halbe Nacht schon… 😬 Normalerweise, also bei unseren Stechviechern, wirkt der länger.

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