Nachdem wir einen kompletten Regentag mit Lesen und Spielen verbracht haben sind wir gestern auf der anderen Seite unseres Fjords hochgefahren. Es gibt ja eigentlich nur eine Straße. Die, die geradeaus zum Nordkap führt, sonst ist hier nichts. Und für Autos mit sehr begrenzter Reichweite gibt's noch weniger.

Wir lernen gerade, von Ladestation zu Ladestation zu planen. Für solche abgelegenen Gegenden ist das schon unpraktisch. Aber was echt nervt ist das System, dass es so viele Anbieter von Ladesäulen gibt, die nicht mal in unserer Sammelapp drin sind. Für jede Säule muss man eine eigene App installieren, einrichten mit Account, Fahrzeugdaten und Zahlungsmöglichkeit... nur um dann festzustellen, dass es nicht funktioniert und der Ladevorgang nach 7 Sekunden abbricht. Wenn es dann lädt sitzt man ungefähr 'ne Stunde da und dreht Däumchen (oder trinkt Kaffee).

Unser Traum war es, nachts im dampfenden Whirlpool bei draussen -5 Grad Polarlichter zu sehen. Zu viel verlangt, dachten wir bei dem bisherigen Wetter, aber wir wollten es trotzdem probieren. Stufe eins "warmer Pool in kalter Nacht" war drin, auch bei schlechtem Wetter, also haben wir damit mal angefangen. Nach einer Weile ist der Himmel aufgerissen und es kam Stufe 2 "warmer Pool in kalter Nacht mit Sternenhimmel". Und nach einer weiteren Weile hatten wir tatsächlich das Glück, Stufe 3 zu erleben: Warmer Pool in kalter Nacht mit Sternenhimmel und Nordlichtern! Auch wenn wir dafür zwei Stunden im Wasser verbracht haben und hinterher völlig aufgeweicht waren, war es ein tolles Erlebnis.

Gestern hat es wieder den ganzen Tag geregnet, und wir haben uns die Zeit in Tromsø vertrieben. Man fährt zwar anderthalb Stunden dahin, und muss natürlich auch das Auto jedes Mal wieder laden, aber was anderes gibt es hier nicht. Mit Bummeln, Kaffee trinken und Schach spielen kann man sich schon beschäftigen.

Tromsø ist klein, es hat ungefähr 78.000 Einwohner, aber es ist die einzige Stadt in weitem Umkreis. Es nennt sich Hauptstadt der Arktis, und alles, was man sieht ist "das nördlichste Irgendwas". Aber es hat ein paar malerische alte Holzhäuschen rund um den Hafen, ein Polarmuseum und viele, viele Souvenirshops. Die berühmten Norwegerpullover sehen schon toll aus, aber dank der puren Wolle sind sie halt auch kratzig, und die Unisex Einheitsgrößen passen nicht wirklich. Eigentlich wollte ich einen, aber das spart uns die Ausgabe.

Auto laden während man eh im Parkhaus steht ist eine super Idee, es hat auch tatsächlich jeder Parkplatz einen Anschluss, aber natürlich von einem Anbieter, dessen App nicht funktioniert. Also konnten wir gerade so mit unserer Reichweite wieder zu unserer bekannten Ladestation in der Nähe der Hütte fahren, in der Wartezeit was essen und eine Postkarte schreiben. Das wurde dann zum Abenteuer des Tages, da der Jüngling an der Kasse im Supermarkt auch für die Poststation zuständig war. Und obwohl er mindestens Anfang zwanzig war hat er in seinem Leben noch nie mit einer Postkarte zu tun gehabt. Erst wusste er nicht einmal, dass sie in der Post auch Briefmarken haben. Wir hatten aber schon zwei Tage vorher welche dort gekauft, also konnten wir ihn überzeugen. Dann wollte er die fertig geschriebene Postkarte in einen Briefumschlag stecken, so verschickt man ja schließlich Sachen. Wir konnten ihn wieder überzeugen, die Karte einfach so zu lassen, Marke drauf und fertig. In letzter Sekunde konnte ich noch verhindern, dass er sie auf die Bildseite klebt und ihm die richtige Ecke zeigen. Das hat ihn zu der Frage veranlasst, ob ich auch mal auf der Post gearbeitet hätte, worauf ich sagte, nein, ich bin nur alt genug, ich kenne so was noch. Wir haben so gelacht!

Als krönender Abschluss des Regentages ist dann doch tatsächlich wieder nach 11 Uhr abends der Himmel aufgerissen, und wir konnten zum dritten Mal die Polarlichtshow genießen. Dank eines kräftigen Sonnensturms am Dienstagabend sogar sehr intensiv, leider immer noch zu dunkel, um Farben zu sehen, aber durch die Formen und Bewegungen super beindruckend.