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Heinrich der Achte sucht wieder mal eine Frau

Gestern haben wir uns Chester angesehen, das in Spuckweite von der englischen Grenze zu Wales liegt. Der Stadtschreier, der auch heute noch im Sommer jeden Mittag Altes und Neues (aber wenig Ernstes) bekanntgibt, hat die anwesenden Waliser auch gleich dran erinnert, dass sie die Stadt doch bitte vor Sonnenuntergang zu verlassen hätten.

Auch sucht König Heinrich der Achte (den wir längst verstorben gewähnt hatten) eine neue Frau, sie muss nur Jungfrau sein, jung und hübsch, Protestantin von blauem Blute, sechs Fremdsprachen beherrschen und ihm einen Sohn gebären können. Wenn’s weiter nichts ist! Außerdem hat England gerade einen bedeutenden Krieg gewonnen. Leider war es der Bürgerkrieg, den England natürlich auch verloren hat!

Die Stadt ist voll von Gebäuden im Tudorstil (original und „retro“ aus dem 19./20. Jahrhundert) und hat entlang der ältesten Einkaufsstraßen Arkaden im ersten Stock, wo noch mal mehr Geschäfte untergebracht sind.

England ist voll von Second-Hand Läden, viele davon werden von gemeinnützigen Einrichtungen betrieben, die dort gespendete Bücher, CDs, Klamotten usw. verkaufen. Wir sind nun um ein paar Pfund Sterling leichter, im Gegenzug eben ein paar Pfund CDs schwerer geworden. Und auch sonst finden wir immer wieder was, was es so bei uns nicht (oder zumindest nur selten) gibt: ganze Läden, wo nur selbstgemachtes Fudge verkauft wird, und eben auch gekauft, sonst würde sich so was nicht seit den ’80ern halten können. Oder eben Geschäfte für die mehr oder minder ausgefallenen Hüte, die englische Damen dann zum Pferderennen ausführen.

Als Kontrastprogramm ging’s heute in den Peak District National Park zum Wandern. Wir haben uns eine Tour ausgesucht, die uns erstmal eine Weile über einen Bergkamm geführt hat. Dabei hat uns der Wind kräftig durchgeblasen (brrr!), zum Glück ging’s dann irgendwann wieder runter, durch einen Wald und eine Schlucht, in dem sich der Legende nach auch schon Robin Hood und seine Kumpane vor den Häschern des Sheriffs versteckt haben, oder eben (und das ist gesichert) frühe Reformer im 15. Jahrhundert im Geheimen ihre Gottesdienste gefeiert haben.

Das Wetter war zwar etwas trüber und kälter als angekündigt, dafür haben wir dank fehlender Hecken mehr von der Landschaft sehen können! Die Mauern, mit denen die Locals die Landschaft ersatzweise zugestellt haben, wachsen zum Glück nicht von alleine und ihren Hauptzweck, nämlich Schafe und Kühe daran zu hindern, wild marodierend die Gegend unsicher zu machen, erreichen sie auch, ohne dass sie über unsere Köpfe ragen. Ab und zu muss man die Mauern überwinden, dafür gibt's manchmal Leitern, manchmal aber auch einfach schmale Lücken. Sehr schmale Lücken, so schmal, dass eben Schafe nicht durchpassen, aber man selber auch beinahe stecken bleibt. Auf dem Rückweg sind wir dann noch einem eher seltsamen Vertreter der Gattung Schwein begegnet: in einem Pferch zusammen mit Eseln war auch ein fettes „Kunekune“, das es ursprünglich nur in Neuseeland gab. Sie haben zottiges Fell, ernähren sich von Gras, und erwachsene Eber besitzen ganz ordentliche Hauer.

Wir sind mittlerweile in Stoke-on-Trent. Da ist hauptsächlich was in Sachen Töpferei und Keramik los, abends werden die Bürgersteige dann leider hochgeklappt. Hätten wir nicht zufällig in der Pizzeria genau gegenüber gegessen, hätten wir kaum das Theater entdeckt, für dessen Pausen man sich in den umliegenden Pubs Drinks vorbestellen kann.

2 comments

Was waren das für tote Kalorien? - Sieht aus wie Magenbrot.😋 Wie hoch war der Bergkamm? ... Ich glaube auf dem Stein steht's - ich kann es nicht lesen.

Das „Magenbrot“ ist Fudge, das dort im Laden regelmäßig frisch gemacht wird. Der höchste Punkt der „Roaches“ ist 505m hoch, das Schild auf dem Pfeiler hilft einem da nicht gleich weiter, weil da nur die Bezeichnung dieses „Ordnance Survey Bench Mark“ draufsteht. Der Eintrag auf Wikipedia für „The Roaches“ (oder Google-Suche nach der Bezeichnung „OSBM S2598“) verrät einem dann mehr.

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